Wednesday, June 23, 2010

Anspruchshaltung gegenüber Märkten

Gerne werden freie Märkte kritisiert, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Das interessante hierbei ist, dass das Ergebnis nur dann eingeschätzt werden kann, wenn auch ein Verständnis für Marktwirtschaft vorliegt. Hier jedoch habe ich so meine Zweifel, wenn ich mich im Umfeld der Journalie oder des Politikers umschaue.

Sie sind alles große social engineers und top-down Kommandeure, aber haben kein Feingefühl für komplexe Systeme und Vorgänge. Deshalb ist auch die sozialistische Planwirtschaft wesentlich einfacher zu verstehen, als eine nicht-geordnete Marktwirtschaft, die sogar “unabhängig” auf das Wissen des Kollektivs vertraut. Hierbei jedoch darf nicht das Kollektiv des Sozialismus verstanden werden, sondern die kollektive Intelligenz von komplexen Systemen mit unabhängigen Ego-Akteuren.

Nehmen wir ein einfaches BEispiel, dass so treffend ist wie kaum ein anderes: Wasserwirtschaft. Die Wasserversorgung in Deutschland liegt größtenteils in rein staatlicher Hand. Die Folgen sind interessant und gravierend. In manchen Städten (Karlsruhe) sind die Wasserpreise enorm, obwohl die Verfügbarkeit der Ressource “Trinkwasser” sehr hoch ist. In anderen Städtchen ist die Ressource Trinkwasser sehr selten, ABER der Preis trotzdem billiger. Warum? Nun, der Grund ist politisches Handeln anstatt von Preisvergleich am Markt. Der Politiker mag entweder “Wasser schonen” oder “Wasser verschenken”, d.h. er macht Gewinn mit Wasser oder er subventioniert es, so dass es preiswerter wird.

Wenn nun die Bürger gerne dies privatisiert hätten, und einige Unternehmensberater sagen, in Karlsruhe würde es dann billiger werden, dann machen da auch andere Städte mit. Nun wird es in Karlsruhe tatsächlich um einiges billiger, aber z.B. in Augsburg doch teurer, weil eben Nachschub nicht so unendlich ist, wie man das gerne hätte.

Jetzt ist natürlich in Augsburg das Geschrei groß und man wirft dem Markt vor, dass die Liberalisierung nicht funktioniert hat, weil das Wasser nicht billiger wurde. Dieses Argument kann man aber nur anführen, wenn man KEINE Ahnung von Marktwirtschaft hat und wie diese funktioniert. Marktwirtschaft macht "Wasser” nicht billiger, es passt den Preis nur an die effizientesten Randbedingungen an. Diese Randbedingungen müssen aber nicht dafür sorgen, dass es billiger wird.

Anderes Beispiel ist der liberalisierte Strommarkt, bei dem Ende der 90er erst einmal eine Kostensenkung kam, dann jedoch fingen die Preise wieder an zu steigen und heute werden Unkenrufe laut, dass dies doch früher nicht so war. Stimmt schon, aber man vergisst gerne mehrere Faktoren:

- Umweltgesetzgebung

- Regenerativer Energieeinspeisungszwang

- Endlichkeit und Verfügbarkeit von fossilen Rohstoffen

- Nützlichkeit von Atomkraftwerken

Während die Verfügbarkeit von fossilen Rohstoffen langsam aber sicher für höhere Preise sorgen wird (Zeitspanne 50-100 Jahre), kann sie auch durch kurzfriste politische Ereignisse (Streit mit Russland, Streit mit Venezuela, OPEC) verändert werden.

Die Umweltgesetzgebung genauso wie die Öko-Energien sind jedoch der größte Einfluss für steigende Energiepreise in den frühen 2000ern. Nicht nur der Emissionshandel, sondern vor allem der Abnahmezwang bei Solar- und Windenergie führen dazu, dass in der Folgekette Atomkraftwerke unnötig werden bzw. nicht mehr in dem Maße Einfluss auf die Preisbildung nehmen.

So etwas kommt jedoch nur langsam in der Preisbildung an, da diese immer 1-2 Jahre hinter dem heutigen Tag lagt.

Die Folge ist, dass die Erwartungen der Preissenkung durch den Markt nicht erfüllt werden, aber nicht weil der Markt nicht funktioniert, oder “falsch” funktioniert, sondern weil die Anforderungen unrealistisch sind oder zumindest von Ignoranz strotzen. Der Markt ist in erster Linie für zwei Dinge verantwortlich:

- Preisbildung auf Basis aller verwertbaren Informationen

- Minimierung der Ressourcenverschwendung bei Maximierung der Resultate

Dies bedeutet natürlich nicht, dass Preise sinken müssen, es wird nur versucht eine nachhaltige ressourcenschonende Produktion von Werten herzustellen, bei der immer noch die Nachfrage versorgt werden.

Klingt das so schlecht? Nein, aber es wird oft nicht verstanden – leider.

4 comments:

Karsten said...

Das "Geschrei" kommt aber vor allem von Menschen, die vor der Privatisierung ihr Wasser zu einem niedrigeren Preis bekamen und mit dem Versprechen, alles würde billiger, dazu gebracht wurden, einer Privatisierung zuzustimmen. Wenn die dann sehen, dass die Preise noch steigen, gleichzeitig aber ein Privatunternehmen auch noch Gewinne mit dem Wasser macht, ist ihr Zorn berechtigt.

Of werden von Freunden des Marktes Versprechungen gemacht, die sie nicht halten können. Und sie nehmen ja für sich in Anspruch, es besser zu wissen.

Max said...

Ein guter Einwand, aber ob das dann wirklich "Freunde" des Marktes sind, ist eine wirklich gute Frage.

Die Frage jedoch ist, wo ist der Unterschied ob der Staat oder private Unternehmen Gewinne machen?

Nun das kommt dann wieder auf das private Unternehmen an, denn ein Familienunternehmen funktioniert anders als z.B. ThyssenKrupp. Ersteres wird Gewinne eher in eine langfristige Entwicklung des eigenen Unternehmens stecken und dafür sind Gewinne letztlich auch da (und natürlich um die Arbeit des Unternehmers zu entlohnen, der arbeitet ja nicht aus karitativem Drang).

Eine Aktiengesellschaft hat jedoch ganz andere Prioritäten, je nach Zusammensetzung der Shareholder. Dies kann von kurzfristigen Renditen bis hin zu langfristigem Handeln gehen.

Man kann als Befürworter des freien Marktes eigentlich nur eins sicher versprechen: Geld wird transparenter eingesetzt und Ressourcen werden nachhaltig entwickelt, der Rest kommt dann wieder auf den Markt an.

Nehmen wir einfach den Energiemarkt, auf dem sich 4 Moloche breit gemacht haben, oder den Wassermarkt, der immer noch weit von einer Liberalisierung entfernt ist (weshalb man hier nicht wirklich gegen den Markt argumentieren kann). Der Energiemarkt ist ein zweischneidiges Schwert, denn auf der einen Seite wurde vieles besser durch die Privatisierung, auf der anderen Seite ist Energieerzeugung und Netzinfrastruktur nur bedingt entkoppelt worden.

Der Punkt ist jedoch, dass GEWINN erst einmal nichts schlechtes ist. Man kann es so versinnbildlichen: Wenn man nur Löcher in bestehenden Straßen flicken will, braucht man keinen Gewinn, wenn man jedoch neue Straßen, Gehwege und Parkplätze bauen möchte, muss man Gewinn erwirtschaften.

Karsten said...

Ein guter Einwand, aber ob das dann wirklich "Freunde" des Marktes sind, ist eine wirklich gute Frage.

Sie nennen sich jedenfalls so. :D

Die Frage jedoch ist, wo ist der Unterschied ob der Staat oder private Unternehmen Gewinne machen?

Für alle, die den Gewinn nicht machen, darin, dass sie durch niedrigere Steuern bzw. bessere staatliche Leistungen davon profitieren könnten. Für den, der den Gewinn macht... ist es ja offensichtlich. :)

Das Hauptproblem der ganzen Liberalisierung und Privaterisiererei ist doch, dass sie eigentlich nicht stattgefunden hat und nur Feigenblatt war für

a) Sozial- und Stellenabbau der Verwaltung, die Teile ihrer selbst privatwirtschaftlich nennt, obwohl sie es eigentlich gar nicht sind

oder

b) Die Schaffung von privatwirtschaftlichen Monopolen und Oligopolen in der Hand von Spezis der Regierenden.

Max said...

Für alle, die den Gewinn nicht machen, darin, dass sie durch niedrigere Steuern bzw. bessere staatliche Leistungen davon profitieren könnten. Für den, der den Gewinn macht... ist es ja offensichtlich. :)

Ja, aber das gilt doch sowohl für private Unternehmen, als auch den Staat. Das Problem ist, wenn der Staat das Geld hat, wird daraus wenig produktiveres Entstehen, als bei Unternehmen. Unternehmen "Horten" ja kein Vermögen. Der Staat hingegen mag das in sinnlosen ABMs verpulvern (o.ä.).

Das Hauptproblem der ganzen Liberalisierung und Privaterisiererei ist doch, dass sie eigentlich nicht stattgefunden hat und nur Feigenblatt war für

a) Sozial- und Stellenabbau der Verwaltung, die Teile ihrer selbst privatwirtschaftlich nennt, obwohl sie es eigentlich gar nicht sind

Nun, wie gesagt "Liberalisierung" ist nicht immer Liberalisierung. Es gibt Sachen, die wurden gut liberalisiert, und es gibt welche bei denen ging es daneben. Man kann aber auch sagen, Stellen- bzw. Gehaltsabbau ist nichts schlechtes. Denn oft sind auch viele Beamte überbezahlt für die Qualität ihrer Arbeit bzw. dafür das sie von Qualitätskontrollen befreit sind. Die Frage ist was sozialer ist, 2 Leute die arbeiten können für die Hälfte, oder 1er der arbeiten kann für das doppelte der beiden. Ist eben die Frage wie wichtig "Luxusjobs" sind, im Vergleich dazu Arbeitslosen eine Chance zu geben. Auch müsste man Gehälter nicht alle 2 Jahre erhöhen, wenn nicht die Inflation gleichfalls stark steigen müsste. Trotz aller "negativer" Liberalisierung geht es uns heute deutlich besser als vor 20 Jahren, als Post, Energiemarkt und Telekommunikation noch Staatssache waren.

b) Die Schaffung von privatwirtschaftlichen Monopolen und Oligopolen in der Hand von Spezis der Regierenden.

Da gebe ich dir vollkommen Recht und es gib in Deutschland einen Haufen Firmen, die darin verwoben sind (kaum Mittelständler jedoch). Es sind hauptsächlich Leute, die sich Lobbyarbeit leisten können:
- Siemens
- Opel, BMW, VW, Daimler etc.
- ThyssenKrupp
- Alle EVUs
- Solar- und Windenergiebranche
- große Finanzinstitute (Commerzbank, Postbank, Deutsche Bank etc.)

Und noch einen Haufen mehr...
Hier jedoch liegt das Problem in der Art und Weise in der Politik Eingriffsmöglichkeiten in die Wirtschaft wahrnimmt und WER an den Gesprächen beteiligt ist.