Im zweiten Teil dieses kleinen Tutorials (erster Part hier) geht es jetzt um die eigentliche “Modellbildung”, d.h. wir haben das Konzept erstellt und nun setzen wir es in ein Modell um. Hierzu müssen wir allerdings erst einmal vereinfachen, da sonst die Komplexität jeden Ansatz erschlagen würde. Natürlich könnte man versuchen alle Elemente in möglichst hohem Detailgrad abzubilden, allerdings würden dann selbst Mehrkern-PCs (und mit mehr meine ich mehr als 100) für eine Sekundeberechnungszeit ungefähr 1-2 h brauchen. Vereinfachen ist jedoch eine große Kunst in der Modellbildung, da man hier wissen muss, was man vereinfachen und wie man es vereinfachen kann, ohne das man wichtige Faktoren eliminiert.
2. Vereinfachung:
Gehen wir doch einmal den Antriebsstrang vom Verbrennungsmotor aus bis zum Rad durch und schauen uns an, was man vereinfachen kann.
2.1. Der Verbrennungsmotor:
Nun, der Verbrennungsmotor ist eine komplexe Maschine. Wenn man ihn im Detail simulieren würde, dann wäre dies eine Ansammlung an Unter-Programmen, hier ein kleiner Auszug: Kühlkreislauf, Verbrennerraum, Kolbenreibung, Einspritzsteuerung, Einspritzsystem, Verbrennungsprozess, Gesamtsteuerung, Abgasauslass, Pumpensimulationen etc. Es zeigt sich jedoch schnell, das für unser Problem eigentlich nur ein kleiner Teil dieser Simulationen auf einem einfachen Niveau ausreichen. Es interessiert uns nicht, was genau im Brennraum passiert, oder was die Peripherie mit der verbrannten Luft anstellt, oder woher die frische Luft kommt. Es interessieren zwei Dinge: 1. Drehzahl bei einer bestimmten Leistung bzw. Drehmoment und der Verbrauch bei dieser Drehzahl. Gleichzeitig wollen wir den Motor nur bei einem kleinen Leistungs und Drehzahlband betreiben. Es sind also folgende Größen wichtig:
- Verbrauch(n, M)_opt = optimaler Verbrauch in einem Betriebspunkt
- n_opt = optimale Drehzahl
- n_ist = jetzige Drehzahl
- M_opt = optimale maximales Drehmoment
- M_ist = jetziges Drehmoment
2.2. Der Elektromotor:
Auch der Elektromotor kann sehr schnell komplex werden. Hier einmal ein kleiner Auszug der möglichen Simulationspunkte: Thermisches Management (Lüfter), dynamisches Verhalten und Regelung. Besonderes letzteres ist eine sehr aufwendige Differentialgleichung, die mehrere Veränderliche hat und dadurch schon bei kleinen Veränderungen sehr aufwendig zu lösen ist, da sie zeit- und ortsvariant ist. Aber auch hier können wir getrost vereinfachen, da wir keine realen Maschinendaten zur Verfügung haben. Man kann den Elektromotor in erster Näherung als Wandler ansehen, der mit einem gewissen Wirkungsgrad als Black-Box aus mechanischer Energie elektrische Energie macht. Er wandelt also:
Leistung (el) <-> Leistung (mech) => P_el = P_mech x eta_em
Was jetzt alles in das eta_em gehört, darüber kann man sich streiten, genauso wie die Höhe. Man sollte jedoch konservative Schätzungen annehmen, d.h. einen worst-believable-case. Welche Verluste können denn Auftreten? Nun, da sind einmal die Widerstandsverluste im E-Motor und dann die Reibungsverluste an den Lagern (und ggf. Kohlebürsten). Die Masse des Rotors erzeugt keine Verluste in der Bewegung, da diese Energie nur “zwischengespeichert” wird, sie wird beim Bremsen wieder zurück gewonnen. Wichtige Kenngröße des Elektromotors ist also:
- Wirkungsgrad (Reibung, Widerstände)
2.3. Doppelschichtkondensator und Leistungselektronik:
Nun, die Leistungselektronik ist auch wieder eine komplexe Materie, deren Simulation sehr zeit- und rechenintensiv ist. Es soll hier davon ausgegangen werden, dass sie existiert und durch zwei Größen beschrieben wird:
- U_ZK = mittlere Zwischenkreisspannung
- eta_ZK = Wirkungsgrad der Leistungselektronik (innere Widerstände!)
Der Doppelschichtkondensator ist eigentlich ein komplexes Produkt aus verschiedenen parallel und seriell geschalteten Kondensatoren und Widerständen, die schwer zu modellieren sind und deren Verschalten sehr komplex sein kann, um eine kontinuierliche gleichförmige Entladung bzw. Ladung zu bekommen. Aus diesem Grund wird auch hier erst einmal gnadenlos vereinfacht, die weggelassenen Elemente werden hierbei (wie oben auch) als Wirkungsgrade zusammen gefasst:
- C-Element (U, i) = traditioneller Kondensator
- eta_DLC = Wirkungsgrad des Doppelschichtkondensators
2.4. gemeinsame Welle:
Theoretisch wäre auch die Welle ein wichtiger Einflussfaktor, besonders wenn Schwingungs- und Reaktionssimulationen gefordert werden. Hier hat die Welle jedoch nur eine einzige Funktion, sie verbindet die Elemente Verbrennungsmotor, E-Motor und Getriebe. Sie überträgt Drehmoment und Drehzahlen, an Ihr wird auch die mechanische Bilanz fest gemacht. Man kann sie also als masseloser Übertrager darstellen, denn auch hier gilt, wenn die Welle beschleunigt wird, wird die mech. Energie als Rotationsenergie zwischengespeichert (minus Reibungsverlusten!). Man könnte in einem zweiten Schritt darüber nachdenken einen Wirkungsgradverlust durch die Welle einzufügen!
2.5. Getriebe:
Das Getriebe kann wiederum, je nach Bauform, sehr komplex ausfallen, aber auch hier muss vereinfacht werden. Je nach Getriebe wird es also auf eine Black-Box reduziert, d.h. es gibt Ein- und Ausgang für Drehzahl und Drehmoment und einen Abzug durch einen Wirkungsgradkoeffizienten.
Wie man sieht, kann hier viel verallgemeinert werden, besonders wenn reale Werte nicht ermittelbar, verfügbar oder ableitbar sind.
Im nächsten Part beschäftige ich mich dann mit der Umsetzung dieses abstrakten Models in eine mathematische und physikalische Formulierung, die man dann in Matlab umsetzen kann.
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