Achtung, ab hier gibt es einen Haufen Spoiler!!!
Wer also das Finale noch nicht gesehen hat, sollte ab hier erst ein Mal nicht weiter lesen und es anschauen.
Ich bin hin- und hergerissen, ob das Finale jetzt gut war oder nicht. Es passte sicherlich zum gesamten Konzept, aber es erfüllte nicht die Koheränzerwartung und das Aha-Erlebnis, welches immer propagiert wurde. Es scheint so, als wäre die Stoßrichtung klar gewesen und auch schon die letzte Szene, jedoch nicht die einzelnen Staffeln. Auch passen einige alte Szene nicht mehr in das Kostüme der letzten 2 Staffeln und es gibt viele kleine Unstimmigkeiten, die man nicht einfach mit der mythischen Energie der Insel erklären kann.
Es ist in seiner ausgeklügelten Gestalt kein Babylon 5 geworden, keine Geschichte über 5 Jahre, die in seiner Gesamtheit ein koheräntes Werk präsentiert, klassische dramatische Kunst, wie sie schon in Büchern von Schiller zelebriert wurde.
Nein, Lost ähnelt eher einem H.P. Lovecraft Roman oder einem Tarantino-Werk. Philosophisch geht es um die Frage “Tod und wie verarbeiten wir ihn”. Wer die letzte Folge gesehen hat, der kann dies bestätigen, genauso wie die Tatsache, dass es realistisch das Leben wieder gibt: Auf eine Frage folgen viele weitere Fragen, aber kaum Antworten.
Ein Beispiel für eine Antwort aus der letzten Folge: Warum zog Desmond den “Stöpsel” erst heraus und wurde dann wieder rückgängig gemacht. Nun, nur durch das entfernen des Stöpsel konnte das “Black Smoke Monster” verwundbar werden, darauf wurde in der Episode auch mehrmals angespielt (genauere Infos findet man auf der Lostpedia!").
Doch wer Lost als Gesamtwerk sehen möchte, der muss sich auf die Nicht-lineare Erzählweise einstellen und einlassen. Wenn man im Nachhinein die Story chronologisch ordnen würde, dann würde sich ein kohärenteres Bild darstellen:
Hintergrundgeschichte –> gestrandet auf der Insel –> Versuch von der Insel zu gehen –> Was wäre wenn es nie passiert wäre –> H-Bombe –> Finale –> Alternate Universe
Neben dem nicht-linearen Handlungsstrang der Flash-Backwards/-Forwards/-Sidewards wurden in fast jeder Episode viele klassische Literaturtechniken eingesetzt. Neben Referenzen zu anderen populären und klassischen Serien/Filmen/Büchern wurden immer Metaphern, Ironie, Wiederkehrende Elemente, Foreshadowing, Symbolismus, Juxtaposition. Es ist keinesfalls eine Ansammlung abgeschlossener Episoden, quasi einer Markow-Kette der Serienstruktur, die allein auf die Zukunft zielen. Lost befindet sich eher in der Tradition intelligenter Serien, die immer wieder von der Vergangenheit leben und nur durch sie verstanden werden können. Hier ein paar Beispiele aus der letzten Folge:
- Verweis auf The Incident Part 2: Jack erzählt Desmond, dass die Geschichte nicht veränderbar ist und er es in der Vergangenheit mehrmals versucht hat.
- Verweis auf die erste Episode, in der Jack seine Augen öffnet und sich an der selben Stelle befindet, wie am Ende der letzten Folge, nur diesmal schließt er die Augen. Selbst die Wunde ähnelt der Wunde in der ersten Episode. – Pilot, Part 1
- Fake Locke und Jack schauen in die Höhle des goldenen Lichts auf Desmond hinunter, was der selben Kameraeinstellung ähnelt, die es bei der Bunkeröffnung gab (damals auch Locke und Jack und Desmond im Bunker). – Exodus Part 2
Dies sind nur Auszüge, und wenn man die Episoden durchgeht, dann findet man wirklich hunderte dieser Verweise/Anspielungen und Symmetrien.
Wenn man also eine Serie braucht, mit der man gerne mal einen besserwisserischen Bücherwurm oder Intellektuellen davon überzeugen möchte, dass TV Serien schon lange nicht mehr die Trash-Kultur der 90er ist, dann ist LOST eines der besten Beispiele!
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