Wednesday, July 01, 2009

Spiegel-Watch: Sahara-Solarstrom und Politik

Das Konsortium Desertec, bestehend aus 20 allimentierungsbedürftigen Unternehmen, möchte doch gerne in Nordafrika ein riesiges Solarkraftwerk aufbauen, berichtet der Spiegel und verwischt dabei Fakten mit Politsprech. Hier eine 1:1 Auseinandersetzung mit dem Text und dem Vorhaben.

"Es ist ein fast unglaublicher Plan: Eine Gruppe von 20 Konzernen will sich im Juli zu einem Konsortium unter dem Namen Desertec zusammenschließen. Das Ziel: 400 Milliarden Euro in Solarkraftwerke in Nordafrika investieren, um damit 15 Prozent der Stromversorgung Europas zu decken."


Unglaublich ist es in der Tat das 20 Konzerne, Desertec, für 400 Milliarden ein riesiges Solarkraftwerk bauen wollen . Generell wäre dies zwar denkbar in einer politisch instabilen Region wie Afrika jedoch mit großen Hürden verbunden. Auch sind die 15 % der Stromversorgung natürlich der Peak-Wert, Nachts wird man von dem Kraftwerk nichts bekommen, was bedeutet: Durch den Bau dieses Kraftwerkes können zwar Grundlastkraftwerke abgeschaltet werden, müssen aber durch teurere Mittel- bis Spitzenlastkraftwerke nachts aufgefangen werden. Toller Plan und teuer.

Das Projekt ist die größte private Ökostrom-Initiative aller Zeiten und wertet die Solarenergie endlich auf.

Zum dem Wort "privat" kommen wir noch, denn die Energiekonzerne tun das nicht aus privatem Antrieb, sondern weil erwartet wird "go green" zu sein und weil sie hoffen möglichst wenig Geld investieren zu müssen und vom Bund ordentlich Geld in den A*sch geschoben zu bekommen. Es gibt den Solarstrom der Lächerlichkeit preis und wertet ihn nicht auf.

Das Vorhaben ist angesichts der steigenden Kosten für fossile Energieträger ökonomisch sinnvoll und angesichts des Klimawandels ökologisch geboten.

Oh je, oh je, gleich zwei Fehler in einem. Sicher steigen die Kosten für fossile Energieträger, sicher werden sie irgendwann so teuer, dass sich der Bau solcher Anlagen lohnen könnte. Es wird aber nicht mehr in diesem Jahrhundert passieren. Wie hoch sind denn die Kosten für dieses Solarkraftwerk und warum kann sie das Unternehmen nicht alleine tragen??

Zum Klimawandel mag ich nur so viel sagen, es ist ein Totschlag Argument, dass zu oft für unsinnige Vorhaben verwendet wird. Weder ist die Gefahr dringend, dass man dafür Milliarden ausgeben muss, noch ist er eine Tatsache (dazu mehr im Archiv auffindbar).

Endlich haben zumindest zwei der Energieriesen in Deutschland (E.on und RWE) offenbar die enormen Potentiale der erneuerbaren Energien erkannt und steigen richtig ein.

Naja, sie hoffen einen Reibach zu machen, in dem sie wenig für die Kosten zahlen und den Strom dann teuer einspeisen, nach dem EEG (Erneuerbare Energien GEsetz). GRundsätzlich wird der Bürger also die Kosten gleich doppelt bestreiten. Er wird für die Subventionen per Steuern aufkommen und die Kosten der Unternehmen durch höhere Preise tragen. Und das ist ein Fortschritt? Die Armen künstlich ärmer machen?

Aber Desertec ist auch außen- und sicherheitspolitisch eine enorme Chance: Das Projekt bindet das instabile Nordafrika an Europa, es schafft dort Arbeitsplätze und Wohlstand. In diesem Sinne ist Desertec auch eine Art Anti-Terror-Programm.Perspektivlosigkeit und Minderwertigkeitsgefühl vieler Menschen in Nordafrika - idealer Nährboden bei der Terrorrekrutierung - könnten sich durch die neue Zukunftschance verflüchtigen. Desertec kann europäische Nachbarschaftspolitik im besten Sinne des Wortes werden.


Wow, da militärischer Interventionismus in Europa auf taube Ohren fällt, will man nun merkantilistischen Imperialismus betreiben?! Es wird dort Arbeitsplätze schaffen, natürlich auf Kosten europäischer Arbeitsplätze, aber das interessiert keinen. Das wäre kein Problem wenn es ein 100% privates Vorhaben wäre, so jedoch subventioniert der arbeitsloswerdende Europäer einen Afrikaner, ob das wirklich zu einem "Zusammenrücken" führen wird?

Desertec ist nur dann eine Chance, wenn es von Beginn an politisch und diplomatisch flankiert wird. Nicht wir in Europa entscheiden darüber, ob die Wüste für Energiegewinnung genutzt wird, sondern souveräne Staaten in Nordafrika.

Hört sich lustig an, ist aber nicht die Arbeitsweise von franz./deutscher Aussenpolitik. Wohl eher die eherne Meinung des ein bisschen naiven und geblendeten Journalisten (kritischer Journalismus ist etwa so lebendig wie MJ). Wahrscheinlich wird man per Foreign Aid die nicht ganz demokratischen Staaten an der MIttelmeerküste schmieren um dann bauen zu können...

Das Vorhaben vermindert die einseitige Abhängigkeit von Öl und Gas. Den Lieferanten der fossilen Energien wird es erschwert, Preise zu diktieren oder ihre Ressourcen zur politischen Erpressung bei der Durchsetzung ihrer Interessen zu benutzen. Die Diversifizierung unserer Energieversorgung bringt uns in jedem Fall mehr Versorgungssicherheit.


Sollte man dann nicht lieber darauf pressen, dass sich Russland etc. demokratisieren und dem freien Markt mehr Platz lassen, denn dann würde der Preis nicht von politischen Entitäten wie Staaten diktiert. Andererseits kann man genau diese Argumente jetzt im Falle Afrikas anwenden. Was wenn die Nordküste entscheidet, dass sie EUropa heute mal keinen Strom liefern wollen?

In Nordafrika sind derzeit mehrere Atomkraftwerke geplant. Allein Ägypten will fünf davon bauen. Mit der Nutzung der Wüsten durch Solarthermie, Photovoltaik und durch die gewaltigen Windkraftpotentiale am Roten Meer oder in Marokko wird es möglich werden, den regionalen Bedarf ohne Kernkraft zu decken und so die Proliferation von Nukleartechnologie zu erschweren

Ist dem Journalist bewusst, dass Kerntechnologie != Waffenindustrie ist? Ich bezweifel, dass ohne SChmiergelder irgendeiner der Staaten trotz des Solar-Booms auf seine Kernreaktoren verzichten wird. Wieder einmal Wunschdenken eines grünen Weltverbesserers, der offensichtlich den Zynismus der Politik nicht sehen will. Realismus sieht anders aus. Desweiteren sind Kernkraftwerke wesentlich ausfallssicherer, weshalb sie ja eben von allen Staaten ausser D gerne gebaut werden.

Terroristen wird außerdem die Option genommen, gegen atomare Anlagen Anschläge mit grauenhaften Folgen zu unternehmen. Es verwundert, wenn Vattenfall-Chef Josefsson das Projekt Desertec aufgrund möglicher Terroranschläge gegen Solaranlagen in Nordafrika ablehnt, aber die weitaus größeren Gefahren durch die geplanten Nuklearanlagen nicht thematisiert.


Würden Terroristen wirklich ihr eigenes Land verseuchen wollen? Warum gab es dann in Israel noch keine Katastrophe oder in einem europäischen Land wie Frankreich, Spanien oder D? D hatte nachweislich mehrere terroristische Zellen im Land? Die Frage ist auch, wie solch ein Anschlag denn nun konkret aussehen soll, dass er gleich verheerende Wirkungen hat. Naja, für einen Privatinvestor wie Vattenfall wäre dämlich in einer instabilen Region ein solch teures Projekt abzusegnen. Es würde nur sinn machen, wenn man die Investitionen direkt vom Staat ersetzt bekommt...

Die deutsche Wirtschaft - von Münchener Rück über RWE, E.on, Siemens bis zur Deutschen Bank - hat endlich die Weichen für die Zukunft gestellt. Der Vorwurf, die großen Energieversorger und die Industrie im ganzen würden die erneuerbaren Energien nur als Alibi fördern, um ansonsten "business as usual" zu betreiben, wird durch das Wüstenprojekt widerlegt.

Die Wirtschaft fördert nichts nur als "Alibi", es sei denn der Staat ist beteiligt, dann kann es vorkommen. Das Wüstenprojekt ist das beste Beispiel dafür. Wenn sich regenerative Energiequellen schon lohnen würden, dann wären die EVU die ersten, die neue Anlagen bauen würden, selbst in gefährlichen Gebieten (siehe STEAG und Argentinien).

Neben diesen Politischen Problemen, gibt es natürlich noch eine Reihe technischer Probleme, deren Lösung noch lange nicht absehbar ist. Wie kühlt man die Kraftwerke, da Wasser dort unten traditionell rar ist? Wie lässt sich der Verschleiss durch Sand und Sandstürme möglichst gering halten? Wie lassen sich die Leitungen möglichst sicher verlegen?

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