Friday, September 04, 2009

Schue, Uni und Ausbildung

Tja, ich habe gerade den Roman "Voll beschäftigt" gelesen, in dem Uni-Absolventen erstmal Malochen in Mini-Jobs beigebracht wird. Besonders jene der Geisteswissenschaften, die so überhaupt nicht Marktkompatibel sind. Im Roman wird aufgezeigt, wie gering die Anzahl der Stellen in Zeitungen und Universitäten sind, in denen wirklich ein fundiertes Geisteswissenschaftliches Studium von Nöten ist.

Mal abgesehen davon, dass Geisteswissenschaftler heute bestimmt nicht mehr überrascht sind, dass ihre Jobaussichten durch ein Studium nur marginal steigen, so ergibt sich doch ein grundlegender Unterschied zwischen Realität und was Leute fordern. Politiker, Medien und oft auch Eltern vordern die Kinder auf sofort Gymnasium und dann Uni-Abschluss zu machen. Es sei der Weg in einen höheren Beruf. Dies mag zwar für Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler in einem gewissen Maße stimmen, jedoch nicht für die anderen hundert Studiengänge. Ein Studium und auch ein Gymnasium ist genau das, es gibt dir allgemeines (oder auch sehr spezielles) theoretisches Wissen über Gott und die Welt. Es lernt dir aber keinesfalls spezifische praxisnahe Fähigkeiten. Es ist also keine Berufsausbildung, es ist eine Horizonterweiterung.
die Folge ist, dass weder das Gymnasium, noch das Studium eine echte Berufsqualifikation sind und schon gar nicht höher bewertet werden können als Praktika.

Ein Problem ist, dass heute jeder aufs Gymnasium geht, weshalb zum Beispiel Meister im Handwerk händeringend Absolventen aus den "niederen" Schularten suchen, die anständig Mathe können (was selbst auf dem Gymnasium keine Selbstverständlichkeit ist!!) und wissen, wie man mit einem Kunden umgeht.

Dies ist auch die Crux, die in den USA noch ein bisschen verstanden wird, in Europa aber größtenteils ausgeblendet wird. Eine Lehre bzw. einen einfachen Job zu beginnen, ohne Studium, ist keinenfalls ein Ausdruck von Dummheit. Schade ist nur, dass hier in Europa potentiell bessere Arbeiter, die durchaus leitende Funktionen übernehmen können, auf Grund ihrer "Qualifikation" der Schule her, dies nicht dürfen. Wenn man jedoch in die Nachkriegszeit und das Wirtschaftswunder schaut, dann sieht man wie viele Leute dort ohne Gymnasialen Abschluss Firmen aufgebaut haben.

Meine Argumentationskette soll ein bisschen dafür plädieren, dass man von dem eisernen "schulischen Qualifikationsabschluss" abrückt und eventuell mehr zu einem praxisnahen Abschluss hingeht. Jetzt höre ich wieder Unkenrufe, wie: Aber was ist mit der Allgemeinbildung, schon heute sind doch die Jugendlichen was Geschichte etc. angeht untergebildet.

Das mag sein, aber daran hat auch das Gymnasium für alle wenig geändert. Es gibt Leute, die interessieren sich dafür, sie werden es auch in der Freizeit tun und es gibt Leute, die dies nicht wollen. Diese haben auch in der Schule schon nach wenigen Wochen alles vergessen, was es über Homer's Sagen gegeben hat. Diese Allgemeinbildung ist (ähnlich wie das Wissen über Evolutionsbiologie) kein ausschlaggebendes Kriterium für Erfolg im Leben oder gar Glücklich sein. Es ist nicht einmal ein Kriterium für eine gute Gesellschaft. Weder Goebbels, noch Stalin, noch Lenin waren Idioten oder "ungebildet". Trotzdem waren mit ihnen die schlimmsten Diktaturen möglich. Bildung schützt selten vor solchen Gesellschaftsspielen, oft glaube ich sogar, dass zu viel Bildung und zuwenig realexistierende Arbeit diesem zuträglich ist.

Das muss nicht sein (es gibt immerhin Millionen gebildete Leute, die keinesfalls Diktatoren werden wollen oder befürworten - wohl aber sie manchmal unterstützen), kann aber sein. So gesehen ist Bildung nicht so zwingend notwendig, dass man sie 16-17 Jahre geniesen muss.

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