Und damit hat er ein Problem, da er eine positivistische Definition bevorzugt, um "richtige" Freiheit zu haben.
Doch befassen wir uns erst einmal mit seiner Kritik:
"Ich persönlich halte eine positivistische Defintion von Freiheit für sinnvoll. Das bedeutet, dass ich davon ausgehe, dass Freiheit mehr bedeutet, als das Nichtvorhandensein von Verboten und direkt sichtbarem Zwang."
Tut es auch ganz sicher, nur ist bei positivistischer Definition immer ein ZWANG vorhanden, d.h. auch Leute die den eigenen Freiheitsbegriff nicht akzeptieren oder nicht daran glauben werden gezwungen ihn anzunehmen. Bestes Beispiel hier ist die Gleichstellungsbeauftragte und die Frauenquote, die es beide nicht geschafft haben den Anteil an Frauen zu erhöhen. Oder nehmen wir ein angelsächsisches Beispiel: Affirmative Action, bei dem farbige bevorzugt werden, ohne die gleichen Leistungen erbringen zu müssen, nur auf Grund ihrer Hautfarbe, Abstammung oder Rasse. Und das soll Freiheit sein? Ist doch sehr einseitig...
"Die libertäre Position ist meiner Meinung nach extrem idiologisch und dogmatisch. Den Grund hierfür sehe ich in dem rein negativistisch definierten Freiheitsbegriff ("Alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt"). Damit wird viel von dem, was reale Freiheiten und Unfreiheiten ausmachen (Chancen, Bildung, Wohlstand auf der einen und z.B. Armut auf der anderen Seite) einfach ignoriert."
Wenn er mit dogmatisch konsequent meint, dann hat er recht. Aber gerade durch das Axiom ist es auch erheblich undogmatisch, da es dir nur eine Sache verbietet, gewaltsam friedliche Menschen zu stören, die dich nicht stören - "live and let live" quasi. Auch die Abkürzung "alles was nicht verboten ist, ist erlaubt" ist richtig und falsch. Ja, aber nur weil etwas erlaubt ist, sollte man es nicht unbedingt machen. Es ist auch erlaubt die Hand auf die Herdplatte zu legen, und trotzdem solltest du es nicht machen. Warum sind jetzt aber plötzlich "reale Freiheiten" etwas anderes? Was meint er damit? Chancen, wenn alle gleich vor dem Recht sind, brauchen keine positivistische Auslegung. Bildung? Jeder kann seine eigene Schule wählen, ist das jetzt nicht Freiheit (und das ohne Eingriff). Wohlstand? Wann hat denn bitte ein positivistischer Standpunkt Armut eliminiert? Gibt es denn in Europa keine Armut mehr? Oder in Kanada?
Man ignoriert die Freiheiten nicht, man masst sich aber auch nicht an genau zu wissen, wie man ein solches Gesetz praktisch umsetzen soll, ohne das es vielleicht auch negative Konsequenzen hat.
Beispiel gefällig? Das Verbot von DDT hat zwar die mögliche chemische Schädigung der Menschen reduziert und ihnen die Freiheit von einer toxischen Substanz gegeben, aber gleichzeitig Millionen Menschenleben gekostet.
Es hätte doch genügt die Bewohner dort selbst entscheiden zu lassen, was sie wollen. Oder glaubt man dass man ihnen geistig überlegen ist, dass es nur Dummköpfe sind die nicht wissen was gut für sie ist? Das ist nämlich der Standpunkt der positivistischen Freiheit: Ich weis es besser als du, deshalb zwinge ich dazu. Wie sich diese moralische Überlegenheit jetzt letztendlich legitimiert (Bildung? Ausbildung? Erfahrung? Auszeichnungen?) ist hier meistens nicht genau hinterfragt worden.
"Reale Freiheit bedeutet in der Realität nunmal nicht nur, dass mir etwas nicht verboten ist zu tun, ich muss auch die Möglichkeit dazu haben. Dem hungernden Kind in der Dritten Welt verbietet niemand aktiv, Millionär zu werden. Die Chancen dieses Kinds sind dennoch äußerst gering. Das ist real existierende Unfreiheit, die nicht ins ideologische Korsett der Libertären passt."
Ja, und was hindert dich daran? Das Axiom ist keine Handlungsaufforderung, aber sie ist auch keine Aufforderung nichts zu machen. Hier kommt das zweite Axiom dazu: freiwilliger nicht gewaltätiger Handel zwischen zwei Personen ist nicht vom 1. Axiom betroffen.
Wäre es nicht so, gäbe es keine libertären Professuren, keine Zeitschriften, keine Treffen und keine Unterstützung. Was er hier als Libertär suggeriert hat jedoch damit nichts zu tun. Sein Beispiel mit dem 3. Welt Kind hinkt auch, denn was wäre die positivistische Reaktion:
Jedes 3. Weltkind muss Millionäre werden?
Es ist keine Unfreiheit, es hat die Chance, wenn sie auch nur klein ist (zumindest am Anfang). Jedoch wird sie meist nicht von Libertärem "Nichthandeln" behindert, sondern entweder von den eigenen Ambitionen oder von den Ambitionen Dritter, wie zum Beispiel dem Staat. Auch verbietet libertäre "Doktrin" nicht dem Kind zu helfen. Libertäre erkennen vielleicht sogar besser als andere, das lokale Hilfe durch Parteien, die in die Person investiert haben (Eltern, Nachbarn, Freunde, Unternehmen, Hilfsorganisationen) meist effektiver ist als generelle staatliche "Freiheitshilfe". Die Unfreiheit passt sehr wohl in das Libertäre Denksprektrum, nur ist die Erklärung und die Suche der Ursachen eine andere, als das sie ihm passt. Er denkt in dem Muster: "Was kann der Staat für mich tun?" - ein Libertärer denkt "Was kann ich tun um mich und meine Umwelt besser zu machen".
Ausgehend von der rein negativistischen Position wird das Dogma des absoluten Nichteingreifens postuliert, das a priori und damit unabhähig von den jeweiligen Gegenbenheiten durchgesetzt werden muss. Es wird schlicht negiert, dass es auch Situationen geben kann, in denen Regulation mehr Freiheit bedeutet als Deregulation. Die Realität wird verleugnet, um eine eine extreme und wirlichkeitsfremden Ideologie zu erhalten.
Theoretisch möglich, aber wo sind die Beispiele? Welche freiheitliche Regulation führt denn direkt zu mehr Freiheit? Ohne Beispiele habe ich es sehr schwer eine direkte Antwort zu finden. Ist es Freiheit, wenn man vom realen Leben und seinen Risiken und GEwinnen abgeschottet wird, wie es mit der Arbeitslosenversicherung praktiziert wird. Letztlich ist das die Mentalität, die in manchen Großbanken eingezogen ist, die Freiheit von Verlusten und damit einem ewigen Gewinn. Ist das die Art von Freiheit die ihm vorschwebt, als "realistische Freiheit".
Deshalb kann es meiner Meinung nach eben durchaus liberal sein, um auf sofias Eingangsbemerkung einzugehen, Formen des Zwangs im Bereich der Wirtschaft zu dulden, um die Freiheit von Individuen zu vergrößern. Daher ist es meiner Meinung nach auch legitim, wenn ich als selbsternannter Liberaler Laissez-faire-Kapitalisten als wirtschaftsliberal bezeichne. ;)
Ja, es ist vielleicht in Europa liberal, aber sicher nicht libertär, aber welche Formen des Zwangs sind denn duldbar und welche nicht? Ach ja, das ist wieder eine ganz persönliche Präferenzpalette, die sich zum Beispiel bei Ihm stark von der Oskar Lafontaines unterscheiden würde. Dies bedeutet, dass immer der Herrscher seine moralische Zwangsregulierung durchsetzt, die ja in seinem Freiheitsbild als gut gilt, als notwendig. Das Problem ist, dass immer auch die Freiheit eines anderen beschränkt wird.
- Mindestlohn erhöht die Freiheit und die Möglichkeiten von qualifizierten Arbeitern in Jobs, aber gleichzeitig mindert es die Freiheit jener, die einen Job suchen oder nicht so gut qualifziert sind.
- Tarifverträge erlauben es allen Arbeitern die gleichen Vergünstigungen zu bekommen, aber was wenn jetzt unter 5 Arbeitern 3 sind, die viel schlechtere Arbeit machen als die anderen 2? Warum darf man dann die beiden anderen nicht belohnen? Was wenn man nur einen Job finden würde, in dem man ein bisschen weniger Gehalt oder sonstige Vergünstigungen verlangt?
- Warum sind Meister freier, wenn sie ihr Monopol auf das Handwerk haben und andere zwingen sich zu akkreditieren? Was wenn ein Meister seine Konkurrenten nicht mag und ihnen diese Möglichkeit verweigert?
Deshalb: positivistische Freiheit, nein danke.
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